Ein grünes Gebäude ist nicht einfach ein Haus mit Solarpanelen auf dem Dach. Es geht um alles: Wie viel Energie verbraucht es? Woher kommen die Baumaterialien? Wie gut ist die Luft im Inneren? Wie viel Abfall entsteht beim Bau? Und was passiert, wenn das Gebäude eines Tages abgerissen wird? Beide Systeme - BREEAM und LEED - versuchen, diese Fragen zu beantworten. Aber sie tun es auf ganz unterschiedliche Weise.
BREEAM, das Building Research Establishment Environmental Assessment Method, ist der Uralt unter den Zertifizierungssystemen. Entwickelt wurde es 1990 in Großbritannien. Das macht es nicht nur älter als LEED, sondern auch viel erfahrener in der Praxis. In Deutschland und Österreich wird BREEAM immer häufiger gewählt - besonders bei öffentlichen Gebäuden, Krankenhäusern oder Schulen. Warum? Weil es sich gut an europäische Bauvorschriften anpasst. Die Kriterien berücksichtigen nicht nur Energie, sondern auch Lärm, Luftqualität, Zugänglichkeit und sogar den Einfluss auf die lokale Tierwelt. Insgesamt bewertet BREEAM elf Bereiche: von Management über Materialien bis hin zu Ökologie und Innovation. Das macht es komplex, aber auch realistischer für den europäischen Kontext.
Die Zertifizierungsstufen sind einfach: zertifiziert, gut, sehr gut, exzellent und herausragend. Wer die höchste Stufe erreicht, hat nicht nur die technischen Anforderungen erfüllt, sondern auch nachgewiesen, dass das Gebäude über den gesamten Lebenszyklus hinweg nachhaltig ist. Ein Vorteil: BREEAM kann auch Infrastrukturen wie Straßen, Brücken oder Wasserversorgungsanlagen zertifizieren - etwas, was LEED nicht kann. Das macht es für Kommunen und große Projektentwickler besonders attraktiv.
LEED, das Leadership in Energy and Environmental Design, kam 1998 aus den USA. Es ist der Marktführer weltweit - über 100.000 Projekte in mehr als 180 Ländern sind zertifiziert. In Deutschland ist LEED mit 58 % der internationalen Zertifizierungen 2022 der beliebteste Standard, laut dem Bundesministerium für Wohnen. Warum? Weil es einfach zu verstehen ist. Die Struktur ist klar: 100 Punkte sind möglich, und je mehr du erreichst, desto höher die Stufe - Certified, Silver, Gold, Platinum.
LEED legt den Fokus stark auf Energieeffizienz. Wer hier punkten will, muss vor allem die Heizung, die Lüftung und die Nutzung erneuerbarer Energien perfekt planen. Das ist gut für Investoren, die schnell eine hohe Energieeinsparung nachweisen wollen. Aber es hat auch einen Haken: Die anderen Aspekte wie Materialherkunft, Abfallmanagement oder soziale Auswirkungen sind weniger stark gewichtet. Ein Gebäude kann also mit hohem Energie-Score zertifiziert werden, während die Baustoffe aus China kommen, die Arbeiter unter schlechten Bedingungen arbeiteten und der Abfall beim Abriss nicht recycelt wird. Das ist kein Fehler von LEED - sondern ein Design-Entscheid. Es will klar messen, was messbar ist.
Stell dir vor, du baust ein Bürogebäude in München. Du willst es nachhaltig machen. BREEAM fragt: Wie beeinflusst das Gebäude die lokale Luftqualität? Wie viele Bäume werden durch den Bau verloren? Wie gut ist die Anbindung an Bus und Bahn? Wie viele Mitarbeiter können zu Fuß kommen? LEED fragt: Wie viel kWh pro Quadratmeter verbraucht das Gebäude im Jahr? Welche Solaranlage ist am effizientesten? Welche Energiequelle ist am günstigsten?
BREEAM denkt ganzheitlich - wie ein Architekt, der das Gebäude in seine Umgebung einfügt. LEED denkt wie ein Ingenieur - mit Zahlen, Werten, Messungen. Beide sind richtig. Aber sie richten sich an unterschiedliche Zielgruppen. Wenn du ein Projekt in Europa baust und lokale Normen einhalten willst, ist BREEAM oft die einfachere Wahl. Wenn du internationale Investoren ansprechen willst oder deine Firma global auftritt, ist LEED der bessere Marketing-Tool.
Beide Systeme sind teuer. Nicht weil die Zertifikate teuer sind, sondern weil du Experten brauchst. Für BREEAM musst du einen lizenzierten Auditor engagieren - und die sind in Deutschland noch rar. In Österreich und der Schweiz gibt es nur wenige, die wirklich Erfahrung haben. Das führt zu langen Wartezeiten und hohen Stundenkosten. Laut Nutzerberichten kostet eine BREEAM-Zertifizierung oft 15-25 % mehr als eine LEED-Zertifizierung.
LEED hat den Vorteil, dass es weltweit viele Accredited Professionals gibt. In Deutschland gibt es Hunderte, die mit LEED arbeiten. Die Dokumentation ist aber komplexer. Du musst jede Baustelle, jeden Lieferanten, jede Rechnung für Materialien dokumentieren. Ein Planer aus München schreibt auf Reddit: „Bei LEED brauchst du ein ganzes Team aus Architekten, Energieberatern und Projektmanagern, die nur dafür sorgen, dass die Unterlagen stimmen.“
Die durchschnittliche Dauer für eine Zertifizierung liegt bei 14 bis 18 Monaten - egal welches System du wählst. Das ist viel länger als die Bauzeit. Und das ist ein Problem für kleine Bauunternehmen. Die haben oft nicht das Personal, um diese administrative Last zu tragen. Viele geben deshalb auf, bevor sie überhaupt anfangen.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. Auf Trustpilot hat BREEAM eine Durchschnittsbewertung von 4,2 von 5 Punkten - bei 127 Bewertungen. LEED kommt auf 3,8 von 5 - bei 214 Bewertungen. Warum? Weil Nutzer BREEAM als flexibler und realistischer erleben. „Bei uns in Tirol passt BREEAM besser an die alpinen Bauweisen an“, sagt ein Architekt aus Innsbruck. „LEED hat Kriterien, die für die Alpen einfach keinen Sinn machen.“
LEED wird oft kritisiert, weil die Dokumentation zu aufwendig ist. 68 % der negativen Bewertungen auf Trustpilot beschweren sich darüber. BREEAM hingegen wird kritisiert, weil die Auditoren schwer zu finden sind. 57 % der Nutzer auf LinkedIn sagen: „Ich wollte BREEAM, aber ich fand keinen zertifizierten Prüfer in meiner Region.“
Beide Systeme verändern sich. BREEAM hat 2022 die Version 7.0 veröffentlicht - internationaler, klimafokussierter, mit mehr Gewicht auf CO₂-Bilanz und Kreislaufwirtschaft. LEED v5, das ab 2025 schrittweise eingeführt wird, geht noch einen Schritt weiter: Es will nicht nur Energie sparen, sondern auch soziale Gerechtigkeit, Biodiversität und Gesundheit stärker berücksichtigen. Das ist ein großer Wandel. Früher ging es bei LEED hauptsächlich um Energie. Jetzt geht es um Menschen.
Aber das ist nicht alles. Die Europäische Kommission arbeitet an Level(s) - einem gemeinsamen europäischen Bewertungssystem, das alle anderen Standards ablösen könnte. Es soll einfach, einheitlich und verpflichtend werden. Das bedeutet: BREEAM und LEED könnten in Zukunft nicht mehr die einzigen Optionen sein. Sie werden zu einem von mehreren Wegen - und nicht mehr zum Standard.
Wenn du ein kleines Wohnhaus in Österreich baust und nur einen klaren Nachweis für Energieeffizienz brauchst - dann ist LEED schnell und klar. Wenn du ein großes Bürogebäude in Berlin planst, das auch als Vorbild dienen soll - dann ist BREEAM die bessere Wahl. Es zeigt, dass du nicht nur Energie sparen willst, sondern auch die Umwelt, die Menschen und die Zukunft berücksichtigst.
Und wenn du ein Projekt hast, das internationalen Investoren präsentiert werden soll? Dann nimm LEED. Es ist der globale Name, den jeder kennt. Aber wenn du in Europa bleibst und lokal verankert sein willst? Dann wähle BREEAM. Es spricht die Sprache deiner Region.
Die Zukunft gehört nicht dem System mit den meisten Zertifikaten. Die Zukunft gehört dem System, das am besten zu deinem Projekt passt - und das ist nicht immer das teuerste oder das bekannteste.
Es gibt noch einen dritten Akteur: die DGNB - Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen. In Deutschland ist sie mittlerweile stärker als BREEAM und LEED zusammen - mit über 1.500 zertifizierten Gebäuden. DGNB ist deutscher Standard, mit klaren Anforderungen an Energie, Ressourcen und Lebenszykluskosten. Sie ist oft die erste Wahl für öffentliche Bauvorhaben in Deutschland.
Und dann ist da noch Level(s), die neue europäische Initiative. Sie ist noch nicht verpflichtend, aber sie wird es werden. Bis 2030 könnte sie die einzige offizielle Bewertungsmethode in der EU sein. Das bedeutet: BREEAM und LEED werden nicht verschwinden - aber sie werden zu einem Bonus. Ein Zeichen, dass du über den gesetzlichen Mindeststandard hinausgehst. Sie werden nicht mehr der Weg sein. Sie werden der Ausweg sein.