Stellen Sie sich vor, Sie wachen morgens auf, und die Luft in Ihrem Schlafzimmer fühlt sich frisch an - kein Schwitzen an den Wänden, kein muffiger Geruch, keine Schimmelflecken. Das ist kein Zufall. Es liegt am Putz an Ihren Wänden. Kalkputz und Zementputz sehen auf den ersten Blick ähnlich aus, aber sie verhalten sich völlig unterschiedlich. Und diese Unterschiede bestimmen, ob Ihre Wohnung gesund bleibt - oder mit Feuchtigkeit kämpft.
In Österreich, besonders in Altbauten in Innsbruck oder Salzburg, trifft man oft auf Kalkputz. Er ist alt, aber nicht veraltet. Zementputz hingegen dominiert in Neubauten. Doch welcher ist wirklich besser? Die Antwort hängt nicht davon ab, was modern ist, sondern davon, wo und wie Sie wohnen.
Kalkputz besteht aus Kalziumhydroxid und Sand. Keine Chemie, keine synthetischen Zusätze. Er atmet. Das bedeutet: Er nimmt Feuchtigkeit aus der Luft auf, wenn es feucht ist - zum Beispiel nach dem Duschen oder Kochen - und gibt sie wieder ab, wenn die Luft trockener wird. Diese Fähigkeit nennt man Diffusionsfähigkeit. Kalkputz hat einen Diffusionswiderstand von μ = 5-10. Das ist extrem niedrig. Zementputz dagegen liegt bei μ = 50-100. Er ist fast luftdicht.
Was heißt das für Sie? Wenn Sie in einem Wohnraum mit viel Feuchtigkeit leben - Schlafzimmer, Wohnzimmer, Kinderzimmer - dann sorgt Kalkputz dafür, dass die Luftfeuchtigkeit stabil bleibt. Studien zeigen: Kalkputz kann bis zu 60 % mehr Feuchtigkeit speichern als Zementputz. Das reduziert Schimmel um bis zu 95 %, selbst bei einer Luftfeuchtigkeit von bis zu 80 %. In einem Altbau aus den 1920er-Jahren, wo Wände dick und nicht gedämmt sind, ist das lebenswichtig.
Ein Nutzer aus Wien berichtete: „Nachdem ich den Zementputz im Schlafzimmer durch Kalkputz ersetzt hatte, sank die Schimmelrate von 40 % auf 5 % - ohne neue Lüftungsanlage.“
Kalkputz ist aber nicht perfekt. Er ist weich. Seine Druckfestigkeit liegt bei nur 0,5-1,0 N/mm². Das ist etwa 20-mal weniger als bei Zementputz. Er kratzt leicht, er bricht bei Stößen. Und er trocknet langsam. Bei einer 15-mm-Schicht braucht er bis zu 15 Tage, bis er vollständig ausgehärtet ist. In dieser Zeit muss die Luftfeuchtigkeit unter 50 % bleiben. Sonst reißt er.
Zementputz ist hart. Er ist gebaut für Belastung. Mit einer Druckfestigkeit von 10-25 N/mm² hält er Stöße, Abrieb, sogar mechanische Reinigung aus. Das ist der Grund, warum er in Küchen, Fluren und Treppenhäusern so beliebt ist. Aber vor allem: Er ist wasserfest.
Er ist der einzige Putz, der in Duschen, Bädern und Außenwänden dauerhaft hält. In einer Dusche mit täglichem Wasserkontakt hält Kalkputz maximal 6 Monate. Danach löst er sich auf. Zementputz? Er hält 20, 30 Jahre - wenn er richtig verarbeitet wurde.
Er ist auch frostbeständig. Während Kalkputz bei 15-20 Frost-Tau-Wechseln Risse bekommt, übersteht Zementputz 50 Zyklen ohne Schaden. Das macht ihn zur Standardwahl für Außenwände, Keller und Garagen.
Aber er hat einen großen Nachteil: Er atmet nicht. Er speichert Feuchtigkeit nicht - er hält sie fest. Und das ist das Problem. In Wohnräumen mit schlechter Lüftung sammelt sich Feuchtigkeit hinter dem Putz. Und wo Feuchtigkeit bleibt, wächst Schimmel. Ab einer Luftfeuchtigkeit von 70 % beginnen Zementputzwände zu schimmeln. In modernen, dicht gedämmten Häusern ist das ein häufiger Fehler.
Wenn Sie die Vorteile von beiden wollen - aber nicht die Nachteile - dann ist Kalkzementputz Ihre Lösung. Er besteht aus Zement, Kalk und Sand im Verhältnis 1:2:9. Das macht ihn fester als reiner Kalkputz, aber atmungsaktiver als reiner Zementputz.
Er erreicht eine Druckfestigkeit von 2,5-5,0 N/mm². Das ist mehr als doppelt so stark wie Kalkputz, aber noch nicht so hart wie reiner Zement. Seine Diffusionsfähigkeit liegt bei μ = 15-25. Das ist ein guter Kompromiss: Er lässt Feuchtigkeit durch, aber hält Wasser ab.
Er ist der meistverwendete Putz in Feuchträumen. 70 % der Badezimmer in Neubauten werden mit Kalkzementputz verputzt. Er ist auch der Standard für Unterputz unter Fliesen. Denn er haftet besser als reiner Kalkputz und ist weniger anfällig für Risse als reiner Zementputz.
Handwerker aus Berlin sagen: „75 % meiner Aufträge sind Kalkzementputz. Er ist der Goldstandard für Badezimmer und Küchen.“
Preislich unterscheiden sich die Putze nicht dramatisch:
Der teuerere Putz ist nicht immer der bessere - aber der falsche Putz kann teurer werden als alle drei zusammen.
Verarbeitung ist entscheidend. Kalkputz braucht eine spezielle Grundierung: Kalkgrundierung KGV. Ohne sie haftet er nicht. Und er darf nicht bei Temperaturen unter 8 °C oder über 25 °C verarbeitet werden. Zementputz hingegen kann ab 5 °C verarbeitet werden - aber nie bei Frost. Er braucht eine Haftbrücke auf saugfähigen Untergründen, sonst platzt er ab.
Die häufigsten Fehler:
Ein Handwerker aus Salzburg sagt: „Ich sehe jeden Monat ein Haus, wo jemand Kalkputz in die Dusche gemacht hat. Dann kommt die Rechnung: 3.000 € für Neuanstrich und neue Fliesen.“
Es gibt keine allgemeingültige Antwort. Es geht um Ihren Raum, Ihr Haus, Ihre Lebensweise.
Wählen Sie Kalkputz, wenn:
Wählen Sie Zementputz, wenn:
Wählen Sie Kalkzementputz, wenn:
Der Markt verändert sich. Kalkputz gewinnt an Beliebtheit. In den letzten fünf Jahren ist sein Einsatz um 35 % gestiegen. Zementputz ist zurückgegangen - um 15 %. Warum? Weil immer mehr Menschen wissen, dass ein gesundes Zuhause nicht nur mit Luftreinigern, sondern mit den richtigen Wänden beginnt.
Neue Materialien wie Celitement - ein Zementersatz, der bei 300 °C statt 1500 °C hergestellt wird - senken die CO₂-Bilanz von Zementputz um 70 %. Das macht ihn ökologisch attraktiver. Aber er bleibt wasserfest und nicht atmungsaktiv.
Die EU-Gebäuderichtlinie ab 2025 schreibt höhere Feuchtigkeitsregulation vor. Das wird Kalkputz weiter voranbringen. Doch Experten warnen: „Zementputz bleibt unersetzlich für Schwimmbäder, Keller und Außenwände.“
Es geht nicht darum, einen zu verdammen und den anderen zu verehren. Es geht darum, den richtigen Putz an den richtigen Ort zu bringen.
Ja, aber nur mit Vorsicht. Kalkputz ist nicht wasserfest. In der Küche, wo viel Dampf entsteht, ist Kalkzementputz die bessere Wahl. Er hält Feuchtigkeit besser ab, ohne zu schimmeln. Reinen Kalkputz sollten Sie nur in trockenen Küchenbereichen wie Arbeitsflächen oder Wänden hinter dem Herd verwenden - aber nicht direkt über dem Spülbecken oder in der Nähe des Dampfes.
Nein, Kalkputz ist meist günstiger: 8-10 €/m² gegenüber 12-15 €/m² für Zementputz. Aber er braucht mehr Zeit und Fachwissen für die Verarbeitung. Das erhöht die Arbeitskosten. Insgesamt kann die Gesamtkosten für eine Renovierung mit Kalkputz um 10-15 % höher liegen, wenn Sie einen erfahrenen Handwerker engagieren.
Weil Zementputz keine Feuchtigkeit aufnimmt. Wenn Dampf von innen kommt - zum Beispiel durch Duschen, Kochen oder Atmen - bleibt er in der Wand stecken. Ohne Luftzirkulation bildet sich Kondenswasser hinter dem Putz. Schimmel wächst dort, wo es feucht und dunkel ist. Kalkputz löst dieses Problem, weil er die Feuchtigkeit aufnimmt und wieder abgibt.
Nein, das funktioniert nicht. Kalkputz haftet nicht auf zementhaltigen Untergründen. Sie müssen den alten Zementputz komplett abtragen oder eine spezielle Haftbrücke auftragen. Sonst löst sich der neue Putz nach kurzer Zeit ab. Es ist kein einfacher Überputz - es ist ein Neuaufbau.
Kalkputz ist deutlich umweltfreundlicher. Bei der Herstellung entstehen 200 kg CO₂ pro Tonne. Zementputz emittiert 800 kg CO₂ pro Tonne - viermal mehr. Kalkputz wird aus natürlichem Kalkstein hergestellt und kann nach Jahrzehnten wieder zurück in den Kreislauf. Zement ist ein Industrieprodukt mit hohem Energieverbrauch.
Wenn Sie nicht wissen, welcher Putz für Ihr Zuhause passt, holen Sie sich eine professionelle Diagnose. Ein erfahrener Handwerker prüft:
Dann entscheidet er nicht nach Modetrend, sondern nach Technik. Denn Putz ist kein Dekor - er ist ein Bauteil. Und wie jedes Bauteil muss er zur Aufgabe passen.